Archäologische BauBegleitende Untersuchungen

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Objekt Forster Gleise Bestandsaufnahme - Kurzfassung

Gleisfragmente Forster Stadteisenbahn im Bereich „Albertstraße“ in Forst (Abschnitt von Kreuzung Bahnhofstraße nach Süd bis einschließlich Kreuzung Karl-Liebknecht-Straße)

Auf der Webseite veröffentlicht:
22. April 2021

ABBU
R.Methner & L.Ruhnow GbR
Bahnhofstraße 48
03046 Cottbus


1. historischer Abriss und technische Daten

  • am 28.Juli 1892 erhielt die LAG (Localbahn Aktiengesellschaft, München) von der Stadt Forst die Konzessionsurkunde
  • am 26.Oktober 1892 konnte mit der KPEV (Königlich Preußische Staateisenbahnverwaltung) der Vertrag wegen Ausführung des Überführungsgleises und Regelung des gegenseitigen Dienstes abgeschlossen werden
  • am 8.Mai 1893 wurde der Betrieb eröffnet mit dem Status nebenbahnähnliche Kleinbahn
  • 1894 beliefen sich die Beförderungsleistungen auf 120.400 Tonnen, 1911 auf 220.760 Tonnen
  • am 1.Januar 1920 ging die Stadteisenbahn in das städtische Eigentum über
  • 1926 Angliederung einer Autoabteilung sowie 1943 Hinzunahme des städtisches Omnibusverkehrs – Umbenennung von Stadteisenbahn zu „Forster Verkehrsbetriebe“
  • nach 1945 leistete die Forster Stadteisenbahn wesentliche Hilfe bei der Beseitigung der Schutt- und Trümmermassen, verursacht durch den 2.Weltkrieg
  • durch den 2.Weltkrieg waren etliche Fabrikanlagen zerstört, wodurch sich etliche Gleise erübrigten – wodurch das Gleisnetz der Stadteisenbahn reduziert wurde
  • 1962 beförderte die Stadteisenbahn bereits wieder 223.000 Tonnen Güter, doch ebenso nahm die allgemeine Motorisierung zu – massiver Ausbau des VEB Kraftverkehrs
  • 31.August 1965: Beschluss vom Kreistag Forst, den Betrieb einzustellen und die Stadteisenbahn aufzulösen
  • 31.Dezember 1965: Vollzug der endgültigen Stilllegung
  • Schmalspurnetz in 1.000 mm Spurweite
  • Streckenlänge zur Eröffnung 1893: 17,155 km – 59 Betriebe angeschlossen, 1914 waren 80 Fabrikhöfe mit 261 Einzelfirmen angeschlossen, bis 1934 kamen weitere 18 Betriebe hinzu
  • Streckenlänge 1934: etwa 24 km mit 113 Weichen
  • die 10 m langen Schienen waren mit Winkellaschen verbunden und im Abstand von 2,50 m mit kräftigen Spurstangen (Spurstegen) ausgestattet
  • verlegt wurden Rillenschienen, bestehend aus Thomasstahl (siehe folgende Abbildung 1)

Abb. 1: Profil der Schiene und Laschen ¹

2. Aufgabenstellung

In Vorbereitung des tiefgründigen Straßenneubaus der Albertstraße werden die noch bestehenden Teile der unter Denkmalschutz stehenden Forster Stadteisenbahn (Gleisanlagen) zerstört. Im Zuge dessen hatte für den betreffenden Abschnitt der Gleisanlagen eine bauhistorische Bestandaufnahme zu erfolgen. Der betreffende Gleisabschnitt reicht vom Kreuzungsbereich Bahnhofstraße in Richtung West bis einschließlich Kreuzungsbereich Karl-Liebknecht-Straße. Diese Arbeiten beinhalteten folgenden Umfang:

  • Detailplan des von Veränderungen betroffenen Straßenabschnitts im Maßstab 1 : 100 mit Eintragung aller notwendigen Maße
  • Detailaufmaß des Gleisprofils
  • Querschnitt durch den Gleisaufbau
  • fotografische Bauaufnahme analog s/w und digital mit exemplarischer Darstellung aller relevanten Details der Gleisanlage vom Überblick bis zum Detail
  • Bau- und Funktionsbeschreibung

3. Bestandaufnahme

Vom 13.08.2012 - 21.09.2012 erfolgte die fotografische Aufnahme, die zeichnerische Aufnahme im M 1:100, Bau- und Funktionsbeschreibung aller sichtbaren Details, das tachymetrische Aufmaß sowie die abschnittsweise Anlage und Dokumentation von Querschlägen.

Für die fotografische Erfassung erfolgte eine Bezeichnung der Ansichten (Foto´s) beginnend bei 1 und dann fortlaufend und identisch der Blattfolge.

Im kompletten Baubereich war die Gleistrasse, bis auf 5 kleinere Fehlstellen, komplett erhalten. Im Kreuzungsbereich zur Bahnhofsstraße existierte eine Weiche mit Resten des nach Nord abbiegenden Gleisbogen in die Bahnhofstraße. Die ursprünglich in Richtung Ost weiter verlaufende Gleistrasse in der Albertstraße war bereits durch die Sanierung der Straße gekappt und entfernt worden. Zudem existierte noch der Abzweig, hier Aus- und Einfahrt zum ehemaligen Stadtbahnhof, im Kreuzungsbereich Karl-Liebknecht-Straße sowie 2 Gleisabzweigungen (beide nach Nord) zu ehemaligen Fabrikanlagen.

Die Gleistrasse verlief im östlichen Baubereich im südlichen Straßenrandbereich und schwenkte dann im mittleren Baubereich in den nördlichen Straßenrandbereich.

An den vor Ort dokumentierten Gleislängen und Gleisstößen erfolgte eine Durchnummerierung aller Gleisteile, um nach erfolgtem Ausbau mögliche Details, wie z.B. Walzzeichen, exakt zuordnen zu können.

¹ aus: Schmalspurbahnen zwischen Spree und Neiße; Klaus Jünemann und Erich Preuß, transpress- VEB Verlag für Verkehrswesen Berlin, 1985; 1.Kapitel S.19

4. Zusammenfassung

Die Gleisanlagen waren im kompletten Bauabschnitt über eine Länge von knapp 162 m enthalten. Vom Kreuzungsbereich Albertstraße/ Karl-Liebknecht-Straße in Richtung West sind noch ca. weitere 40 m Gleis vorhanden, welche nach Nord auf ein ehemaliges Fabrikgelände (Albertstraße Nr. 29) schwenken. Dieser Bereich wurde durch die Baumaßnahme jedoch nicht berührt. Im Kreuzungsbereich Albertstraße/ Karl-Liebknecht-Straße schwenkt das Gleis mittels Abzweig nach Süd zum ehemaligen Areal des Stadtbahnhofes. Die Gleise verlaufen hier bis zur Grundstücksgrenze des Gebäudes Albertstraße Nr. 6, sind dann ca. 10 m überbaut und verlaufen dann knapp weitere 40 m auf besagtem Privatgelände in Richtung Stadtbahnhof. Der Zutritt sowie die fotografische und tachymetrische Aufnahme der Gleise auf dem Privatgrundstück wurde uns jedoch verweigert. Bis auf 1 kleine Fehlstelle waren die Gleise dann in Richtung Ost durch die Albertstraße bis Höhe Kreuzung Bahnhofstraße vorhanden.

Der abbiegende Gleisstrang in die Bahnhofstraße nach Nord war bereits entfernt. Ebenso der weitere Verlauf in Richtung Ost in der Albertstraße, wobei dies in den Jahren 2004/2005 im Zuge der Straßensanierung erfolgt sein muss.

Während der zeichnerischen und fotografischen Dokumentation wurden lediglich 5 Fehlstellen (Länge bei allen etwa 60 cm), alle im Bereich des Abzweiges zum Stadtbahnhof, vorgefunden. Diese wurden nach dem Wiedereinbau der Gleise nach erfolgter Straßensanierung mit Gleisstücken geschlossen (gewonnen aus dem nicht wieder einzubauenden Gleisabschnitt vom Kreuzungsbereich Bahnhofstraße). Rissbildungen im Bereich der Laufflächen der Gleise konnten im gesamten Bauabschnitt nicht festgestellt werden. Nach Ausbau der Gleise zeigten sich zwar Korrosionsspuren am Gleiskörper, jedoch kann der Zustand der Gleise gegenüber denen beispielsweise aus der Gubener Straße (Dokumentation 2011) als sehr gut bezeichnet werden.

An einem überwiegendem Teil der Gleise konnten Walzzeichen lokalisiert werden. Im wesentlichen beschränkten sich diese auf 2 Hersteller, „PHOENIX“ und „(BVG) BOCHUM“, jedoch mit variierenden Jahreszahlen und Typenbezeichnungen. Auffallend ist, daß im gesamten untersuchten Abschnitt nicht ein Gleis des Herstellers „HOERDE“ (Rillenschiene, Höhe 150 mm) vorzufinden war. Als sicher gilt, dass der Abschnitt in der „Albertstraße“ mit zu den ältesten Streckenabschnitten des ehemaligen Gleisnetzes zählt und zur Inbetriebnahme 1893 definitiv nutzbar war. Zumal es sich auch um die Zu/ Ausfahrt zum alten Stadtbahnhof mit angrenzender Verlade/ Umladestation handelte. Aufgrund der intensiven Nutzung der Gleisanlagen ist also von einem hohen Abnutzungsgrad/ Verschleiß auszugehen. Demzufolge also auch durch permanente Reparatur bzw. Erneuerung dieses Gleisabschnittes, belegt durch vorgefundene Walzzeichen wesentlich späterer Jahrgänge.

Diese reichten von „NP 2 PHOENIX R 1923 (Rillenschiene, Höhe 160 mm)“ bis „ B.V.G. Bochum 1938 NP4A (Rillenschiene, Höhe 170 mm)“.

In einem Verwaltungsbericht der „Forster Stadteisenbahn Spedition und Lagerhaus“ für den Zeitraum 01.04.1924 – 31.03.1932 wird der besonders schlechte Zustand der überwiegenden Teile der Anlagen und Betriebsmittel schon für die Jahre vor 1924 erwähnt, da „in den Jahren vor 1924 die baulichen Unterhaltungen nicht in genügendem Ausmaß vorgenommen worden“ waren ². Unter anderem wird hier auch auf das älteste Schienenprofil „HOERDE 17 A“ verwiesen. Es sollte angestrebt werden, diese Profile durch neuere Profile vom Typ „N P 102“ oder „N P 4“ zu ersetzen. Anscheinend ist dies im Bereich der Albertstraße auch hinsichtlich der intensiven Nutzung sowie dem daraus resultierenden Verschleiß erfolgt.

Im gesamten Streckenabschnitt konnte Beton in schlechter bis mittlerer Qualität als Unterbau direkt unter den Gleisen nachgewiesen werden. Der Bereich der Weiche/ Abzweig im Kreuzungsbereich Bahnhofstraße war flächig mit Beton unterlegt.

Spurstege waren in der Regel alle 2,50 m, beginnend knapp 1,20 m am Jochanfang/ ende, mittels Schraubverbindung vorhanden und dienten zur Stabilisierung der Gleisstränge. Der überwiegende Teil der Gleisstöße war gelascht, je Gleis 3-fach verschraubt. Als Besonderheit sind hier die verwendeten „Winkellaschen“ zu sehen. Hierbei handelte es sich um Stahlstreifen – mittig zusammengeschweißt und je 3-fach durchbohrt. Geschuldet ist dies den unterschiedlichen Bauhöhen der verwendeten Rillenschienen unterschiedlicher Hersteller. Übliche Winkellaschen ließen sich nicht verwenden. Lediglich im Kreuzungsbereich Albertstraße/ Bahnhofstraße war ein Teil der Gleisstöße verschweißt worden.

Abb. 2: Draufsicht Weichenkasten der Firma „Both & Tilmann“ aus Dortmund

² Kopie Verwaltungsbericht der „Forster Stadtbahn mit Spedition & Lagerhaus“ für die Zeit vom 1.4.1924 bis 31.3.1932, Teil 2; Kopien zur Verfügung gestellt durch Stadt Forst (Lausitz) – Fachbereich Bauen – Frau Jahnke

Abb.3: Beispiel Walzzeichen - „ B.V.G. Bochum 1938 NP4A (Rillenschiene, Höhe 170 mm)“

Abb.4: Weichenkreuz/ Herzstück, Straßenbelag Kleingranitpflaster im 45 ° Winkel zu den Gleisen verlegt, zwischen den Gleisen in Reihe, an Außenseiten der Gleise einzeilige Reihe aus Kleingranitpflaster – alles dann wechselnd zu unregelmäßigem Großgranitpflaster, überbaut teilweise mit Asphalt, Gleisrillen größtenteils mit Asphalt verfüllt

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